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Rückwärts reisen

Auf dem Bahnhof in Unterwellenborn verschmelzen die Jahre zu einem Augenblick. Von Bahnsteig 1 fahren noch Züge nach Saalfeld und Gera wie Weihnachten 1988, als du mich zum ersten Mal zu deiner Mutter mitgenommen hast. Auf den Birken am Bahndamm lag Schnee.

Ich schließe die Augen und finde mich in deinem Arm, blicke in dein Antlitz unter der Che-Guevara-Mütze, von brünetten Locken und Vollbart umrahmt. Wir küssten den Zug heran. Schneeflocken tupften Wassermale auf deine Lederjacke. Jetzt, im Sommer, der Liebe nachzuschmecken ist, wie eine gefrorene Rose zu erwecken.

 

Roter Berg

 

Am Morgen fliegen meine Blicke mit den Schwalben zu Tal und werden vom Wald aufgefangen. Geister steigen aus den Tannen. Drunten raucht der Schornstein wie zu Großvaters Zeit. Zwischen Röstöfen und Kühltürmen verläuft die Straße, wo Stahl gegossen wurde, als dein Vater zur Schicht einfuhr. Früher färbte Ruß das Dorf maxhüttengrau. Heute sind Häuser neu verputzt und Gärten blühen. Am Teich schaukeln Kinder. Wo die Kaufhalle stand, wohnen Senioren im Heim.

Nun weiß ich nicht, welches Stück Land deine Väter besaßen. Über die steile Straße von Unterwellenborn bin ich hinauf gefahren und stehe neben braun-weißen Kühen auf saftiger Weide. Wenn sie ihnen gehört, ist alles im Lot.

Auf dem Kamm trifft sich im Schatten der Büsche die Jugend. Ein Bursche saust auf dem Hinterrad des Mopeds an mir vorbei. In seinem Alter musstest du mit Opa Paul Steine vom Acker lesen. Hast nur Erde und Steine gesehen. Steine und Erde. Brotzeit mit Knackwurst am Feld-rain bei den Wildkirschbäumen. Wenn die Sonne über Baumkronen zog, ging es talwärts.

Am Abend bin ich über die Eisenstraße wieder gekommen und hab meinen Wanderstuhl am Hang aufge-schlagen. Übers Feld reist mein Blick zum Kulmberg und den Lichtern von Saalfeld. Großmutter Mond schwimmt als Silbersichel zwischen den Wolken. In dieser Stunde genieße ich, woran du vorbeigeschaut hast: das Glühen der ineinander fließenden Berge.

 

Schwarzatal

Hab von deiner Luft getrunken,

an deinem Wildbach geschmaust.

Wolltest mir zeigen,

wo Wasser über Strudelköpfe springt.

Mich überkommt ein Sehnen,

weil du nicht neben mir gehst.

Die Schwarza trägt deine Stunden

aus früheren Zeiten.

Wenn dein Grab nicht wäre,

würde ich nach dir rufen

und wäre mir sicher,

dass du erscheinst.

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ISBN: 978-3-9826261-3-0

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Von Dornröschen wird erzählt:

Sie ist aufgewacht. Allerdings hat sich der Prinz als Schlossräuber erwiesen. Er entwendete Dornröschens Diamantdiadem und nahm dem Koch den goldenen Löffel aus der Hand. Bis jetzt konnte der Dieb nicht gefasst werden. Die DNA seines Kussabdrucks wurde sichergestellt. Hinweise nehmen die Sieben Zwerge entgegen.

 

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